Pflegegewerkschaft

Hallo an Alle,

Ich bin Auszubildender (Pflegefachperson) und frage mich immer wieder, wie es eigentlich sein kann, dass die Pflege sich nicht in einer Pflegegewerkschaft o.ä. zusammen schließt.

Die Pflegekammer in BaWü wurde aus (mir) nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Eine einheitliche Stimme für die Pflege? Was gäbe es Besseres?

Außerdem kann ich nicht verstehen, warum es fast 1,5 Millionen (2022)(Quelle 1) Pflegende in Deutschland gibt, allerdings “nur” ca. 18.000 Menschen im DBfK (2024)(Quelle 2) Mitglied sind.

Es gibt auch andere Zahlen z.B. auf der Seite von “medirocket.de” (Quelle 3). Hier wird (addiert) von c.a 68.540 Pflegekräften in Berufsverbänden gesprochen, wobei hier Hebammen und Menschen im Pflegemanagement mitgezählt werden. Zusätzlich gibt es die “Schwesternschaft vom Deutschen Roten Kreuz", welche sich so, wie ich es verstehe, nur an Frauen richtet. (Quelle 4)

Alles in allem denke ich, dass die Pflege, Pflegequalität und Pflegewissenschaft von einer Pflegekammer bzw. Gewerkschaft profitieren würde.

Gerade in Bezug auf die kommende Wahl, ist es umso wichtiger, dass die Pflege sich einheitlich verhält, um den eigenen Standard und die Grundhaltung nicht zu verlieren.

Erschreckend finde ich zudem, dass wenige der “großen” Parteien aktiv Pflege unterstützen möchten und auch nicht die Probleme der Personalnot erkennen.

Die SPD schreibt in ihrem Wahlprogramm: “Wir wollen die Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen verbessern.” (Quelle 5)

indem Sie die Ausbildung besser vergüten und die Dokumentation reduzieren.

Die CDU/CSU schreibt: "Pflegeberufe attraktiver machen…” (Quelle 6)

Es sollen mehr ausländische Pflegekräfte geworben und die Arbeit im multiprofessionellen Team verbessert werden und ebenfalls die Dokumentation reduziert wird.

Das Bündnis 90 / Die Grünen schreiben von: “Für eine verlässliche und würdige Pflege” (Quelle 7)

Sie möchten APN’s und CHN’s einführen um eine Akademisierung voranzutreiben.

Die FDP möchte: “Beste Gesundheit und Pflege für die Zukunft sichern.” (Quelle 8)

Sie möchten die Anerkennung aus dem Ausland vereinfachen, Angehörige entlasten ergo mehr Arbeitsbelastung für professionell Pflegende. Und die ländliche Versorgung verbessern.

Die AFD schreibt erstmal nichts zur Pflege, allerdings möchte sie, dass das Sprachniveau auf C1 erhöht wird, um eine Anerkennung zu erhalten und die ländliche Versorgung verbessern. Auch im restlichen Wahlprogramm sind die Antworten auf Fragen eher wenig. (Quelle 9)

Die LINKE schreibt: “Gesundheit und Pflege: Solidarität statt Wettbewerb” (Quelle 10)

Sie sieht ein, dass die Rahmenbedingungen für die Pflege nicht optimal sind, und dass mehrere Tausend Pflegekräfte in den Pflegeberuf zurückkehren würden, wenn diese besser wären. Sie möchte den Pay Gap zwischen Krankenpflege und Altenpflege reduzieren bzw. abschaffen. Mehr bieten sie nicht.

BSW schreibt: “Das Pflegeheim darf nicht Armutsfalle sein!” (Quelle 11)

Sie möchte die “kostspieligen Versorgungssektoren abschaffen z.B. Amb. Versorgung, Pflege- und Stationäre Versorgung”(vgl. Q11 S.27) (was auch immer das bedeuten mag.)

Um zum Schluss zu kommen, eine einheitliche Pflege Stimme würde der Politik und der professionellen Pflege zugutekommen.
Ich bin auf jeden Fall pro Zusammenschluss und hoffe, dass ich hier auf weitere positiv gestimmte Menschen treffe.

Da ich leider nur 2 Links angeben kann hier als Googel Sheet mit allen Quellen.
Quellen: Quellenverzeichnis BlogPost Übergabe _ Simon _ Pflegegewerkschaft - Google Docs

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Moin SImon,

danke für deine ausführlichen Beitrag mit den Quellen.
Tatsächlich gibt es ja den Bochumer Bund] als Pflegegewerkschaft. Nach einigen internen Streitigkeiten, scheinen sie zumindest langsam sicheres Fahrwasser erreicht zu haben. Also eine Gewerkschaft für Pflegende gibt es. Außerdem erklärt sich ja Verdi als Gewerkschaft für Pflegende. Manche halten es für gut, manche nicht. Die sind ja in den Streit um Traifverträgen an Uniklinika immer sehr engagiert.

Allerdings sind die Mitgliedszahlen eher gering, zumindest was man so hört. Wirkliche Zahlen gibt es ja nie. Das bringt uns aber zumKern deiner Nachricht: Der Wille, sich in der Pflege zu organisieren ist recht gering. Das mag verschiedene Gründe haben, dazu möchte ich jetzt gar nichts sagen - dass die Notwendigkeit besteht, ist ja durchaus bekannt.

Und ja, die Parteien haben das Thema eher nicht im Wahlkampf auf der Schippe. Auch im TV ist das bisher kein Thema gewesen. Das wundert mich einerseits, weil es ja doch viele Wähler:innen anspricht. Gleichzeitig kann ich das auch verstehen, denn du kannst damit nur verlieren. Das Thema ist so durch und das Ergebnis so klar vorgezeichnet, dass man damit keinen Blumenkohl gewinnen kann. Das kostet einfach nur Geld und du holst damit keine gesunden Leute ab, sondern nur Menschen, die mit dem Thema in verbindung stehen. Das sollten genug sein. Spätestens aber bei der Frage der Finanzierung wirds dann eng, wenn man sagen muss, dass die Sozialabgaben steigen müssen, um das Umlageverfahren weiter aufrecht erhalten zu können. Das will niemand hören.

Deine Auszüge aus den Programmen finde ich aber als guten Überblick, weil ja viele verschiedene Themen aufgezeigt werden, wo wir ran müssen. Das ist die Versorgung der Menschen und dass diese nicht in Armut fallen. Dann haben wir die Professionalisierung der Pflege und dann eben noch die leistungsrechtliche Dimension: wie wollen wir denn gerechterweise die Leute versichern? Also das sind dann ganz schön viele Aspekte, die nicht mal abschließend sind. Es gibt jede Menge zu tun!

LG, Christian

Wo bist du denn organisiert?

Du hast vollkommen Recht, Simon. Und ja, es sollte ein höheres Maß an berufspolitischem Interesse und v.a. einen professionellen Umgang auch mit politischen Fragen geben.

Weil Du so fleißig warst, alle Programme zu recherchieren, hier mal -sozusagen als Ergebnis- die Liste pflegerischer Expertise im neuen Bundestag:

  • Stella Merendino (GuK Notaufnahme, Linke, Berlin)
  • Claudia Moll (Altenpflegerin Gerontopsy, SPD, Aachen)
  • Lea Reisner (GuK Seenotrettung, Linke, Köln)
  • Evelyn Schötz (Altenpflegerin, Linke, Nürnberg)
  • Julia Stange (Fachkinderkrankenschwester, Linke, Worms)
  • Sascha Wagner (gelernter GuK, Linke, Oberhausen)
  • Emmi Zeulner (gelernte GuK, CDU/CSU, Kulmbach)
    [Gelernt bezeichnet nur Ausbildung ohne weitere Ausübung.]

Bleib’ aktiv und wachsam, hab’ Geduld und Ausdauer! :slightly_smiling_face: